Am 22. März 2022 überreichte der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Sattelberger im Rahmen der VIP+ Innovationstagung 2022 drei besonders herausragenden Projekten die VIP+ Validierungspreise 2022.
Das themenoffene Förderprogramm „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung (VIP+)“ beschleunigt den Weg erarbeiteter Forschungsergebnisse zur Verwertung in Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung oder Zivilgesellschaft. Auf der jährlichen Innovationstagung werden jeweils drei erfolgreiche Projekte ausgezeichnet.
Die drei gleichrangigen Preisträger sind (in alphabetischer Reihenfolge):
TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN
Projekt: aBACTER – Präklinische Entwicklung eines resistenzfreien Antibiotikums für die Therapie tödlicher Infektionskrankheiten
Das Forschungsteam entdeckte, dass ein Medikament, das eigentlich für die Krebstherapie in Verwendung war und antibiotische Eigenschaften aufweist, sich durch chemische Veränderungen gegen multiresistente Bakterien einsetzen lässt. Das Team kombinierte bei seiner Forschung Methoden aus der Chemie, der Zellbiologie und der Massenspektrometrie. Im Programm VIP+ validierte das Projekt „aBACTER“ diese Ergebnisse in Richtung eines Antibiotikums zur Behandlung der Entzündung der Herzinnenhaut. Um die Ergebnisse von aBACTER langfristig weiterzuführen, entstand aus dem Projekt die smartbax GmbH. Multiresistente Bakterien sind ein schnell wachsendes Problem für eine große Anzahl von Krankenhäusern weltweit. Damit haben die Innovationen aus dem Projekt aBACTER das Potenzial, weltweit das Gesundheitswesen voranzubringen und viele Menschenleben zu retten.
MEDIZINISCHE HOCHSCHULE BRANDENBURG
Projekt: AngioAccel – Nicht-Invasive Behandlung der peripheren Verschlusskrankheit (pAVK) durch Antepulsation: ein innovatives Konzept für den biologischen Bypass am Bein
Das Therapiekonzept von AngioAccel erhöht mithilfe einer sogenannten „Herzhose“ mithilfe EKG-gesteuerter Manschetten den Blutfluss von Patientinnen und Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) – einer Durchblutungsstörung in den Beinen. Das führt dazu, dass diese deutlich mobiler werden. Ziel des Vorhabens AngioAccel war im Programm VIP+, das Therapiekonzept an Patientinnen und Patienten mit dem Krankheitsbild zu validieren. Die im Programm durchgeführten Arbeiten waren äußerst erfolgreich. Die Lebensqualität und Mobilität von den Patientinnen und Patienten ist stark gestiegen: Sie konnten ihre zurückgelegten Gehstrecken um bis zu 500 Prozent verlängern. Nach Ablauf der VIP+ Förderphase wurde in mehreren Etappen die Ausgründung der Antepuls GmbH realisiert.
FRAUNHOFER-ANWENDUNGSZENTRUM FÜR VERARBEITUNGSMASCHINEN UND VERPACKUNGSTECHNIK (AVV) UND TECHNISCHE UNIVERSITÄT DRESDEN
Projekt: CeraHeat – Entwicklung eines Verfahrens zur effizienten, schnellen, kontaktbehafteten, ortsaufgelösten Erwärmung von Oberflächen
Das Fraunhofer AVV (heute Fraunhofer IVV), das Fraunhofer IKTS und die TU Dresden haben ein neues Heizsystem für die Produktion von Kunststoff-Verpackungen entwickelt, mit dem sich die Qualität von geformten Kunststoffprodukten steigern und gleichzeitig der Energieverbrauch deutlich verringern lässt. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass die Oberflächen von Kunststoffprodukten schnell und gezielt erwärmt werden. Das Prinzip der lokalen Erwärmung basiert auf zahlreichen kleinen Heizpixeln. Im Projekt CeraHeat wurde während des Programms VIP+ validiert, ob die neue Technologie unter industrienahen Bedingungen einsetzbar ist – mit großem Erfolg. Mit der Innovation können bei Verpackungsprozessen mindestens 30% an Material und Energie eingespart werden. Das Forschungsteam um Projektleiter Ronald Claus von Nordheim gründete in 2016 die watttron GmbH, deren Heizsysteme mittlerweile weltweit eingesetzt werden.
Die Innovationstagung dient dem Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern anwendungsbezogener Forschung und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, sich über Chancen und Herausforderungen bei der Verwertung der Forschungsergebnisse zu informieren. 2022 diskutieren rund 160 Teilnehmende aus Hochschulen, Unternehmen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen u.a. über Soziale Innovationen, Kooperationsmöglichkeiten sowie Fragen zu Gründungen, Patenten und Dienstleistungen.
Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Sattelberger betonte in seiner Rede die Wichtigkeit des „Brückenschlags“ von der Forschung in die Praxis, der mit dem Förderprogramm VIP+ ermöglicht würde und ohne den viele gute Ideen in den Forschungsinstitutionen „stecken“ blieben. Aber der Erfolg von Innovationen hänge auch von der Entscheidungsfreudigkeit und einer gewissen Risikobereitschaft der Universitäten ab, die ihre Ideen nicht nur bis zur Marktreife treiben, sondern sie dann eben auch konkret umsetzen müssten.
An dieser Stelle kommt besonders das „Mentoring im Förderprogramm“ zum Tragen, in dem erfahrende Praktiker Hilfestellung und Unterstützung bieten.
In vier inhaltlichen Sessions wurden auf der Tagung Praxisbeispiele vorgestellt und konkrete Fragestellungen diskutiert. Als zentraler Punkt bei den Sozialen Innovationen wurde diskutiert, dass die „Verwertung“ von Forschungsergebnissen keinesfalls immer kommerziell erfolgen müsse, sondern auch einer Stärkung der Gesellschaft dienen könne, die das Gemeinwohl in den Mittelpunkt stelle – also eine gesellschaftliche Wirkung erziele.
In der Session zum Stellenwert von Kooperationen wurde klar, dass verlässliche Kooperationspartner, die das eigenen Portfolio ergänzen von hohem Wert für den Erfolg von Projekten sind – und zwar sowohl Kooperationen in der Forschung als auch in der Verwertung.
Dass es auf dem Weg von der Idee bis zur Gründung eines Unternehmens zahlreiche Hürden zu nehmen gilt, war Thema des Vortrags „Outputs generieren: Patente, Lizenzen, Gründungen, Produkte, Dienstleistungen“. Hier ging die Empfehlung klar in Richtung fachkundiger Beratung, um diese Hindernisse zu umschiffen. Hier kommen unter anderem die Innovationsmentorinnen und –mentoren ins Spiel, die ihre Arbeit in der letzten Session vorstellten. Drei grundsätzliche Bedingungen für eine erfolgreiche Verwertung wurden hier genannt: Expertise, gute Vernetzung und eine überzeugende Konzeption. Hier finden Sie Details zu den Inhalten der Sessions.
Das BMBF hatte das Förderprogramm „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung (VIP+)“ im Jahr 2015 gestartet. Das Programm unterstützt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei, exzellente technologische und nicht-technologische Ergebnisse ihrer Forschung hinsichtlich einer späteren Anwendung oder Verwertung zu überprüfen. Die Projekte testen ihre Ergebnisse dahin gehend, ob sie tatsächlich praxistauglich und umsetzbar sind, beispielsweise in Anwendungsbereichen mit hohem wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Nutzen. Damit trägt VIP+ auch dazu bei, die Transferkultur in allen beteiligten Einrichtungen zu stärken. Seit dem Start von VIP+ wurden 175 Projekte mit einem Fördervolumen von fast 200 Millionen Euro bewilligt. Im Zeitraum von fünf Jahren nach Ablauf ihrer jeweiligen Förderungen durch VIP+ sind aus fast einem Drittel der ehemaligen Projekte Unternehmensgründungen erfolgt oder Unternehmen befinden sich in der Gründungsphase. In mehr als einem Fünftel der abgeschlossenen Projekte werden auf Basis der Arbeiten im Programm VIP+ neue Patente eingereicht.