Interview mit Prof. Moritz Rossner über das VIP Vorhaben „EXTassay“

Im Rahmen der Fördermaßnahme VIP wurde im Projekt „EXTassay“ eine Technologieplattform zur kostengünstigeren und schnelleren Herstellung von Medikamenten validiert. Ein Interview mit dem ehemaligen Projektleiter.

Forscherin im Labor
© VictorCap - istockphotos

Im Rahmen der Fördermaßnahme VIP wurde im Projekt „EXTassay“ eine Technologieplattform zur kostengünstigeren und schnelleren Herstellung von Medikamenten validiert. Im Anschluss an das Projekt haben die Projektnehmer die „Systasy Bioscience GmbH“ am Standort München gegründet. Wir wollen von Herrn Prof. Rossner als ehemaligem Projektleiter und Mitgründer wissen, wie ihm die Validierungsförderung bei seinem Vorhaben geholfen hat und was bei einer Gründung aus seiner Sicht zum Erfolg führt.

Im VIP Projekt „EXTassay“ haben Sie eine innovative Technologieplattform entwickelt, welche die Herstellung von Medikamenten zukünftig erheblich effizienter macht. Wie funktioniert das von Ihnen entwickelte Verfahren und worin genau liegt die Innovation im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren?

Portrait Moritz Rossner
© Moritz Rossner

Prof. Rossner: Alle Medikamente zeichnen sich durch Wirkung und Nebenwirkung aus, die sich durch die jeweilige Spezifität des Wirkstoffes in Bezug auf das eigentliche Zielmolekül (auch ON-Target genannt) und strukturell verwandte ‚nicht-erwünschte‘ Zielmoleküle (auch OFF-Target genannt) ergeben. Die größte Gruppe pharmakologischer Zielmoleküle sind die sogenannten G-Protein gekoppelten Rezeptoren, abgekürzt GPCRs, die meist in der Membran von lebenden Zellen lokalisiert sind und eine Vielzahl physiologischer und pathophysiologischer Prozesse steuern. Wir konnten zunächst ein Verfahren entwickeln und patentieren, das die Messung von Wirkstoffeffekten an einzelnen GPCRs erlaubt. Im Rahmen der VIP-Förderung konnten wir dieses Verfahren so weiterentwickeln, dass in einem einzigen Experiment eine Vielzahl von Messungen parallelisiert durchgeführt werden können. Die entsprechenden Wirkprofile erlauben somit eine sehr kostengünstige ON-und OFF-Target Analyse, die zur Verbesserung der Spezifität neuer Wirkstoffe beitragen kann. Die eigentliche Innovation der Technologie beruht in der Kopplung pharmakologischer Messverfahren mit sogenannten ‚Next-Generation‘ Sequenzierungstechniken, mit denen Millionen von Datenpunkten extrem kostengünstig erhoben werden können.

Wieso haben Sie sich für die Validierungsförderung VIP entschieden und welche Arbeiten haben Sie im Rahmen der Projektlaufzeit durchführen können?

Prof. Rossner: Für die Anwendung der EXTassay Technologie in industriellem Maßstab war u. a. die Anschaffung und Einbindung eines sogenannten ‚Liquid-Handling‘ Roboters notwendig. Neben pharmakologischer und zellbiologischer Methodik war für die Entwicklung zudem Expertise im Bereich Programmierung notwendig. Das Programm VIP kam uns hier sehr entgegen, denn zum einen konnten wir auf unsere bereits vorhandenen Erkenntnisse aufsetzen und diese entsprechend für eine spätere Anwendung validieren, zum anderen konnten mit Hilfe des verfügbaren Fördervolumens die wesentlichen apparativen und personellen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung geschaffen werden.

Welche Rolle spielte bei EXTassay Ihr Innovationsmentor Dr. Klebl?

Der Innovationsmentor in unserem Projekt, Dr. Bert Klebl, Geschäftsführer der Lead Discovery Centre GmbH, mit langjähriger Erfahrung in der Wirkstoffforschung und einem guten Verständnis für industrielle Bedarfe, war auf verschiedenen Ebenen ein entscheidender Faktor für unseren Erfolg. Zunächst konnte er bereits im Rahmen der Antragstellung den grundsätzlichen Nutzen der Technologie bewerten und aus ‚Kundensicht‘ beurteilen. Weiterhin konnten wir auf sein berufliches Netzwerk im Bereich der Pharmaforschung zugreifen und somit direkten Zugang zu komplementären Expertisen erhalten und auch Kontakte zu Pilotkunden aufbauen.

Welche weiteren Schritte waren nach Abschluss der Validierungsphase entscheidend für die erfolgreiche Gründung der „Systasy Bioscience GmbH“?

Prof. Rossner: Mit der Validierungsphase im Programm VIP haben wir praktisch die Voraussetzung für unsere anschließende Förderung in Richtung Gründung geschaffen. Die Unterstützung durch die Verwertungsgesellschaft der Max-Planck-Gesellschaft im Rahmen der ‚Start-Up‘ Betreuung und die erfolgreiche Einwerbung einer Förderung im EXIST Programm waren dann die entscheidenden nächsten Schritte. Die für uns verantwortlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Projektträgers waren absolut ‚Gründer-orientiert‘ und konnten uns mit vielen konkreten Ratschlägen unterstützen. Für die weiteren Schritte in der Unternehmensentwicklung war die Generierung von substanziellen Umsätzen durch erste Kundenprojekte entscheidend.

Für wen ist die Technologieplattform interessant? Wer sind Ihre „Kunden“?

Prof. Rossner: Die Technologieplattform ist insbesondere für Biotechnologie- und Pharmafirmen interessant, die in der Wirkstoffforschung tätig sind. Wir konnten die EXTassay Plattform inzwischen aber auch für andere Anwendungen anpassen, die neben den genannten Firmen auch für Kunden im Bereich der akademischen Forschung interessant sind.

Welche Tipps können Sie zukünftigen Gründerinnen und Gründern für den Weg aus der Validierung mitgeben?

Prof. Rossner: Das Team ist der wohl wichtigste Erfolgsfaktor. Gründen Sie nur mit Kollegen und Freunden mit denen Sie ‚Pferde stehlen‘ können und die bereit sind, Ihre gemeinsame Vision zu leben und zu gestalten. Der Grad an persönlicher Identifikation macht die Wochenend- und Nachtschichten zur Teamparty. Wenn Sie von Ihrer Technologie im Sinne einer echten Innovation absolut überzeugt sind, diese also zu einem entscheidenden technologischen Fortschritt führt, und Ihnen jemand erzählt, dafür gäbe es doch gar keinen definierten Markt, dann müssen Sie diesen eben schaffen und sich nicht abschrecken lassen. Denken Sie insbesondere in der Vorgründungsphase unmittelbar an die nächsten Finanzierungsoptionen. 3 Jahre gehen im Flug vorüber und nach dem Spiel ist vor dem Spiel.

Weitere Informationen

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